Joannes Baptista Sproll (1870–1949)

Katholischer Bischof und Gegner des Nationalsozialismus

Joannes Baptista Sproll war von 1916 bis 1938 Bischof der Diözese Rottenburg. Als einer der ersten katholischen Würdenträger erhob er mutig und offen das Wort gegen die Nationalsozialisten. So hatte er im März 1935 in einer Predigt im Münster von Weingarten deutlich gegen die NS-Diktatur Stellung bezogen:

„Die heftigsten Gegner des Christentums dürfen in aller Öffentlichkeit reden; die Verteidiger werden in ihrer Redefreiheit beschränkt. […] Da kann für uns nur die Parole gelten: Gott und Christus und Kirche! Wir stehen in Treue fest zu dem, was wir unser Leben lang geglaubt und bekannt haben. Und wo wir den Geist des Antichristentums verspüren, da sind wir nicht dabei.“

Der wortmächtige und in der Bevölkerung einflussreiche Gegner des Nationalsozialismus sah sich schon früh dem Druck des NS-Regimes ausgesetzt. 1938 nahmen die Nationalsozialisten sein demonstratives Fernbleiben von der Volksabstimmung über die Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich zum Anlass, um ihn offen anzugreifen und mit Hausdurchsuchungen und gewaltsamen Demonstrationen unter Druck zu setzen. Im Juli 1938 wurde er aus seiner Diözese vertrieben, weigerte sich aber, als Bischof zurückzutreten.

Joannes Baptista Sproll wurde am 2. Oktober 1870 in Schweinhausen bei Biberach an der Riß geboren. Nach dem Abitur am Gymnasium Ehingen studierte er Katholische Theologie in Tübingen und wurde 1895 in Rottenburg zum Priester geweiht. 1898 wurde er mit einer Arbeit über die Rechts- und Verfassungsgeschichte des Tübinger St.-Georgen-Stiftes promoviert. Darüber hinaus galt Sprolls besonderes Engagement der karitativen Vereinsarbeit und der katholischen Jugenderziehung. 1909 übernahm er das Pfarramt im Oberamt Ehingen, 1912 folgte die Einsetzung zum Domkapitular, mit der auch ein Mandat in der Ersten Kammer des württembergischen Landtags, der Kammer der Standesherren, verknüpft war. 1913 wurde Sproll zum Generalvikar und Weihbischof der Diözese Rottenburg ernannt.

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Novemberrevolution 1918 war Sproll von 1919 bis 1920 Abgeordneter des Zentrums, der Partei des politischen Katholizismus, in der Verfassunggebenden Versammlung des Freien Volksstaates Württemberg. Auch sein Aufstieg in der katholischen Kirche schritt voran. 1926 wurde Sproll zum Bischof der Diözese Rottenburg gewählt, konnte sein neues Amt aber nach langwierigen Auseinandersetzungen mit dem Heiligen Stuhl über das Wahlverfahren und nach persönlich motivierten Intrigen innerhalb der Diözese Rottenburg erst im Juni 1927 antreten.

Immer wieder erhob Bischof Sproll im „Dritten Reich“ das Wort gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten. So äußerte er sich im September 1939 positiv gegenüber Juden und deren Religion. 1940 beteiligte er sich an kirchlichen Protesten gegen die „Euthanasie“-Morde in Grafeneck. Sproll war der einzige Bischof Deutschlands, der von den Nationalsozialisten aus seiner Diözese vertrieben wurde. Aus seinem Exil im Krumbad, einem Ortsteil von Krumbach (Schwaben) im Bistum Augsburg, konnte er erst mit Kriegsende im Mai 1945 nach Rottenburg zurückkehren.

Dort starb er am 4. März 1949 im Alter von 78 Jahren. 2011 wurde ein Seligsprechungsverfahren für Bischof Sproll offiziell eröffnet, das von Bischof Gebhard Fürst initiiert worden war.

Download der Kurzbiographie (PDF)

Anregungen zum Weiterlesen:

  • BURKARD, Dominik: Joannes Baptista Sproll. Bischof im Widerstand, Stuttgart 2013.

  • KOPF, Paul/MILLER, Max (Hrsg.): Die Vertreibung von Bischof Joannes Baptista Sproll von Rottenburg. 1938–1945. Dokumente zur Geschichte des kirchlichen Widerstands, Mainz 1971.

  • KOPF, Paul: Joannes Baptista Sproll. Leben und Wirken. Zum 50. Jahrestag der Vertreibung des Rottenburger Bischofs am 24. August 1938, Sigmaringen 1988.

  • SCHMID, Franz X.: Dr. Joannes Baptista Sproll (1870–1949). Bischof von Rottenburg (1929–1949). Annäherung an einen der Kirche treuen Bischof, Munderkingen 2009.

  • SPROLL, Stephan: „Ich bin der Bischof von Rottenburg und bleibe der Bischof von Rottenburg.“ Das Leben von Joannes Baptista Sproll, Ostfildern 2009.

  • WOLF, Hubert: Die Affäre Sproll: die Rottenburger Bischofswahl von 1926/27 und ihre Hintergründe, Ostfildern 2009.


Filmtipp:

Diözese Rottenburg Stuttgart: Gedenken an Bischof Joannes Baptista Sproll

Diözese Rottenburg Stuttgart: Gedenken an Bischof Joannes Baptista Sproll

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