Adam Remmele (1877–1951)

Sozialdemokrat, Minister und Staatspräsident

Adam Remmele war einer der prominentesten und einflussreichsten Sozialdemokraten in Baden. Von 1919 bis 1931 bekleidete er verschiedene Ministerämter und zweimal das Amt des Staatspräsidenten. Früh und vehement kämpfte er gegen die Nationalsozialisten, die ihn dafür verfolgten.

Adam Remmele wurde am 26. Dezember 1877 in Altneudorf bei Heidelberg geboren. Wie sein Vater erlernte auch er das Müllerhandwerk. Kurz nach seiner Gesellenprüfung trat er 1894 der SPD bei und wurde gewerkschaftlich aktiv. Bereits mit 22 Jahren brachte er es zum Vorsitzenden des Gewerkschaftskartells in Ludwigshafen, wo er wenig später auch das städtische Arbeitsamt leitete. Parallel dazu engagierte sich Remmele als Verbandsfunktionär in der Konsumvereinsbewegung und im Mühlenarbeiterverband. Von 1908 bis 1918 war er als Redakteur der sozialdemokratischen „Volksstimme“ in Mannheim tätig, wo er auch Stadtrat war.

Nach dem Ersten Weltkrieg beteiligte sich Remmele aktiv an der Rätebewegung in Baden. 1919 wurde er Vizepräsident der Badischen Nationalversammlung. Bis 1927 war er Abgeordneter im badischen Landtag, von 1928 bis 1933 im Reichstag. Von 1919 bis 1929 amtierte Remmele als Innenminister in Baden, 1925/26 auch als Minister für Kultur. Von 1929 bis 1931 war er in der badischen Regierung verantwortlich für Kultur und Justiz. Weil von 1920 bis 1929 in Baden jährlich ein anderer Minister zum Staatspräsidenten gewählt wurde, übernahm auch Remmele turnusmäßig zweimal – 1922/23 und 1927/28 – das Amt. 1932 wurde er Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine mit Sitz in Hamburg.

Die langjährige Arbeit Remmeles als Innenminister war geprägt vom Kampf gegen politische Unruhen von links und rechts. Remmele setzte sich dabei besonders dafür ein, den Aufstieg der Nationalsozialisten in Baden einzudämmen. Immer wieder ließ er Veranstaltungen der NSDAP verbieten oder versuchte als Kultusminister, Lehrer mit den Mitteln des Dienststrafrechts davon abzuhalten, sich für die NSDAP zu betätigen. Sofort nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Remmele Opfer der Hetze der NS-Presse und der Verfolgung. Am 3. Mai 1933 wurde Adam Remmele in Hamburg verhaftet, zunächst in einem Polizeigefängnis eingesperrt und dann nach Karlsruhe gebracht, um ihn dort öffentlich zu demütigen. Am 16. Mai 1933 wurde er zusammen mit den führenden badischen Sozialdemokraten Hermann Stenz, Erwin Sammert, Ludwig Marum, Gustav Heller, Sally Grünebaum und August Furrer, die den Nationalsozialisten schon vor deren Machtübernahme wegen ihrer unbeugsamen Haltung besonders verhasst gewesen waren, im Rahmen einer erniedrigenden „Schaufahrt“ dem Spott der Öffentlichkeit preisgegeben und in das Konzentrationslager Kislau verschleppt. Zur Verhöhnung des gelernten Müllers Remmele wurde dabei von mehreren Musikkapellen das Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ gespielt; NS-Anhänger und Zuschauer der „Schaufahrt“ grölten mit. Erst im März 1934 wurde Remmele aus der „Schutzhaft“ entlassen, nachdem er schriftlich zugesichert hatte, dass er sich nicht mehr politisch betätigen würde. Sein Mitstreiter Ludwig Marum verweigerte diese Erklärung und bezahlte dafür mit seinem Leben. Remmele schlug sich nach seiner Freilassung als selbständiger Kaufmann in Hamburg durch, wurde aber im Zusammenhang einer umfassenden Verhaftungsaktion der Gestapo nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 erneut inhaftiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte sich Remmele in führender Position für den Wiederaufbau der Konsumgenossenschaften in Westdeutschland und vertrat sie im Zentralamt der Wirtschaft in der britischen Zone und in weiteren zentralen Gremien. Mit scharfem Gespür für die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen eines erfolgreichen wirtschaftlichen Neuanfangs vertrat er 1948/49 auch die SPD im Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in Frankfurt am Main. Im März 1949 trat er in den Ruhestand und zog nach Freiburg im Breisgau. Die Universität Freiburg hatte ihm bereits 1946 den Ehrendoktortitel verliehen, der ihm 1935 von den Nationalsozialisten aberkannt worden war. 1948 wurde er Ehrenbürger von Karlsruhe.

Adam Remmele starb am 9. September 1951 im Alter von 73 Jahren in Freiburg.

Download der Kurzbiographie (PDF)

Anregungen zum Weiterlesen:

  • Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.): Baden 1933. Die nationalsozialistische Machtübernahme im Spannungsfeld von Landes- und Reichspolitik. MATERIALIEN, Lese- und Arbeitsheft 11-2017, Stuttgart 2017 .

  • REMMELE, Adam: Staatsumwälzung und Neuaufbau in Baden, Karlsruhe 1925.

  • WICKERT, Christl (Red.): Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert, hrsg. vom Vorstand der Sozial-
    demokratischen Partei Deutschlands, Marburg 2000.

  • WIMMER, Günter: Adam Remmele. Ein Leben für die soziale Demokratie, Ubstadt-Weiher 2009.

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