Marie Baum (1874–1964)

Wegbereiterin der Sozialen Arbeit

Marie Baum stellte ihr Leben in den Dienst der sozialen Verantwortung: Sie war eine Wegbereiterin der Sozialen Arbeit und setzte sich als Vereinsfunktionärin, Schriftstellerin, Sozialpolitikerin und Dozentin für die Frauenbewegung ein. Ihr beruflicher Werdegang war der einer selbstbewussten und sozial engagierten Frau, die ihre Ideen und Ziele mit Entschlossenheit umzusetzen suchte, ohne sich von den hergebrachten Rollenvorstellungen ihrer Zeit beirren zu lassen. In ihrer Autobiographie „Rückblick auf mein Leben” kam sie 1950 zu dem Schluss:

„Nur dort, wo nicht irgendeine Anonymität, sondern der Einzelne verantwortlich handelnd auftritt und am Ganzen bauen hilft, […] nur dort ist der gesunde Lebensgrund für öffentliches Wirken gegeben, und nur der dort Geschulte sollte zu höheren Stufen der Selbstverwaltung aufsteigen.“

Marie Baum wurde am 23. März 1874 in Danzig geboren. Da der Weg in die höhere Bildung für junge Frauen in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts noch immer weitgehend verschlossen war, ging sie im Alter von 19 Jahren nach Zürich, um dort Chemie zu studieren. Nach ihrer Promotion arbeitete sie zunächst in der Patentabteilung der Berliner AGFA, wechselte aber bereits 1902 ins badische Innenministerium, wo sie als Fabrikinspektorin die Arbeitsbedingungen von Frauen und Jugendlichen überwachte. Dabei fand sie unzumutbare Verhältnisse vor, die sie in ihrer Autobiographie aus dem Jahr 1950 drastisch beschrieb.

Als eine der ersten gleichgestellten Beamtinnen in Baden hatte sie bald mit Diskriminierungen zu kämpfen. Sie bat um ihre Entlassung und fand als Geschäftsführerin des „Vereins für Säuglingsfürsorge und Wohlfahrtspflege“ in Düsseldorf eine neue Herausforderung, in deren Rahmen sie ihr Engagement für die Soziale Arbeit vielfältig und kreativ entfalten konnte.

Nach dem Ersten Weltkrieg entschloss sie sich für die aktive Politik und wurde als Abgeordnete der linksliberalen DDP in die Weimarer Nationalversammlung gewählt. Mit ihrer engen Freundin Marianne Weber tauschte sie in Briefen ihre nicht immer positiven Erfahrungen als Parlamentarierin aus. Später nahm sie als Oberregierungsrätin im badischen Arbeitsministerium großen Einfluss auf den Neuaufbau des staatlichen Fürsorgewesens. 1928 zog sie nach Heidelberg, wo sie für den Rest ihres Lebens wohnhaft blieb – auch nachdem ihr der universitäre Lehrauftrag, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritten hatte, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entzogen wurde.

Als engste Mitarbeiterin des Heidelberger Pfarrers Hermann Maas verhalf Marie Baum zahlreichen Juden und anderen vom NS-Regime Verfolgten zur Flucht ins Ausland. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die inzwischen über Siebzigjährige erneut einen Lehrauftrag an der Universität Heidelberg. Bis ins hohe Alter zeigte sie großes gesellschaftliches Engagement.

Marie Baum starb am 8. August 1964 im Alter von neunzig Jahren in Heidelberg.


Download der Kurzbiographie (PDF)

Anregungen zum Weiterlesen:

  • EGGEMANN, Maike/HERING, Sabine (Hrsg.): Wegbereiterinnen der modernen Sozialarbeit, Weinheim 1999.
  • LAUTERER-PIRNER, Heide-Marie: Marie Baum (1874–1964). Den Frauen die volle Mitverantwortung“, in: Birgit KNORR/Rosemarie WEHLING (Hgg.): Frauen im deutschen Südwesten, Stuttgart 1993, S. 204–210.
  • MORITZ, Werner (Hrsg.): Marie Baum. Ein Leben in sozialer Verantwortung, Heidelberg 2000.

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