Eberhard Wildermuth (1890–1952)

Liberaler Politiker und Minister des Aufbaus in der Nachkriegszeit

Als erster Wohnungsbauminister der Bundesrepublik zählt Eberhard Wildermuth zu den zentralen Figuren des Wiederaufbaus in Westdeutschland. Sein rasches und engagiertes Vorgehen gegen die drückende Wohnungsnot der Nachkriegszeit leistete einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des sozialen Friedens und der Demokratie. Geprägt vom südwestdeutschen Liberalismus und fernab parteipolitischer Grabenkämpfe legte Wildermuth großes Augenmerk auf die existenziellen Nöte der Menschen.

Eberhard Wildermuth wurde am 23. Oktober 1890 als Sohn einer großbürgerlich-liberalen Familie in Stuttgart geboren. Seine Großmutter war die berühmte Dichterin Ottilie Wildermuth (1817–1877). Nach dem Abitur leistete er als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst beim Grenadierregiment „Königin Olga“ („1. Württembergisches“) ab. 1909 nahm er ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen auf. Wildermuth war Mitglied der liberal geprägten Studentenvereinigung „Akademische Gesellschaft Stuttgardia“ und lernte dort auch spätere politische Weggefährten kennen, darunter Reinhold Maier, der 1952 der erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg wurde.

Als Offizier des „Königin Olga“-Regiments nahm er 1914 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende gehörte er 1918 einem Soldatenrat an. 1919 trat er in die linksliberale DDP (Deutsche Demokratische Partei) ein und engagierte sich in Tübingen als Befehlshaber eines Freiwilligenbataillons für den Schutz der jungen Weimarer Republik.

1921 legte Wildermuth die Große Juristische Staatsprüfung ab und war zunächst als Verwaltungsbeamter bei der Stadt Stuttgart, später in der Berliner Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung sowie im Reichsministerium für Arbeit tätig. Politisch engagierte er sich als Vorsitzender der Jungliberalen und als Mitglied im DDP-Reichsvorstand, beruflich rückte er ab 1928 als Direktor der Deutschen Bau- und Bodenbank in die Riege der Berliner Wirtschaftsführer auf. Ab 1930 gehörte er auch dem Vorstand der Bank an und war später Präsident der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten.

Als sich die politische Ordnung der Republik Anfang der 1930er-Jahre durch Stimmenzuwächse auf den extremen Flügeln zunehmend destabilisierte, setzte sich Wildermuth für die Bündelung republikfreundlicher Kräfte in einer neuen Mittelpartei ein, scheiterte jedoch und zog sich in die „innere Emigration“ zurück. Dem NS-Regime stand er kritisch gegenüber. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er als Major der Reserve zum Heer eingezogen und nahm als Kommandeur am Frankreichfeldzug teil. Als Kommandeur und Oberstleutnant war er zudem in Serbien, in Italien und ab 1944 als Festungskommandant von Le Havre in der Normandie eingesetzt. Im September 1944 kam er als Kriegsgefangener in das britische Offizierslager Trent Park. Dort wurde er auch vom britischen Geheimdienst abgehört, unter anderem während eines Gespräches, in dem er von seinem Kontakt zum Widerstandskämpfer Carl Friedrich Goerdeler und seiner Bereitschaft berichtete, sich an einem Putsch gegen Hitler zu beteiligen.

Nach seiner 1946 erfolgten Rückkehr nach Deutschland wirkte Wildermuth als Landtagsabgeordneter der Demokratischen Volkspartei, wenig später als Wirtschaftsminister in der provisorischen Regierung Württemberg-Hohenzollerns am Wiederaufbau mit. Auf Bundesebene avancierte er zum Vorstandsmitglied der DPD, 1952 zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der neu gegründeten FDP. 1949 zog er in den ersten Bundestag ein und wurde zum Bundesminister für Wiederaufbau (ab 1950 Wohnungsbau) berufen. Mit Hilfe des von ihm entworfenen Ersten Wohungsbaugesetzes von 1950 konnte er schon in seinem ersten Amtsjahr den Neubau von 360.000 Wohnungen vorweisen – bis 1957 waren es vier Millionen Wohnungen. Wildermuth, der selbst in beiden Kriegen schwer verwundet worden war, setzte sich vor allem auch für den Bau behindertengerechter Wohnungen für Kriegsbeschädigte ein.

Er starb, durch seine Arbeit gesundheitlich aufgerieben, am 9. März 1952 im Alter von 61 Jahren in Tübingen.

Download der Kurzbiographie (PDF)

Anregungen zum Weiterlesen:

  • BUNDESGESCHÄFTSSTELLE DER FREIEN DEMOKRATISCHEN PARTEI (Hrsg.): Mehr sein als scheinen. In Memoriam Eberhard Wildermuth, Bonn 1952.

  • KOHLHAAS, Wilhelm: Eberhard Wildermuth. Ein aufrechter Bürger. Ein Lebensbild, Bonn 1960.

  • RABERG, Frank: Eberhard Wildermuth (1890–1952), in: Reinhold WEBER/Ines MAYER (Hrsg.): Politische Köpfe aus Südwestdeutschland, Stuttgart 2005,
    S. 257–266.

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